Relevanz orthorektischen Ernährungsverhaltens in Ernährungsberatung und -therapie

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Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 24.04.2019 / Überarbeitung angenommen: 25.06.2019

Ergebnisse einer bundesweiten Befragung von Ernährungsfachkräften

Einleitung

Neben den in den gängigen Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-5 erfassten Essstörungen rückt in den letzten Jahren immer mehr eine potenzielle weitere Variante gestörten Essverhaltens in den Aufmerksamkeitsfokus von Allgemeinbevölkerung und Forschung: orthorektisches Ernährungsverhalten, definiert als die möglicherweise pathologische Fixierung auf den ausschließlichen Verzehr von nach subjektiven Kriterien gesunden Lebensmitteln [1, 2], welches erstmalig 1997 vom US-amerikanischen Alternativmediziner Steven Bratman beschrieben wurde [3, 4]. Orthorektisches Ernährungsverhalten geht bisherigen Studien und Einzelfallbeobachtungen zur Folge mit einer ständigen gedanklichen Beschäftigung mit gesunder Ernährung sowie der rigiden Einhaltung selbst aufgestellter Ernährungsregeln einher [1, 5].

Während bei den anderen Essstörungen die Quantität der verzehrten Lebensmittel im Vordergrund steht, sorgen sich Personen mit orthorektischem Ernährungsverhalten um die Qualität ihrer Ernährung [6]. Die beständige Suche nach der perfekten und gesündesten Ernährungsweise kann im Laufe der Zeit zu immer mehr Einschränkungen im Essverhalten führen, da die Anzahl als ungesund betrachteter Lebensmittel zunimmt [4] und sich die Ernährungsweise somit von dem entfernen kann, was allgemein, zum Beispiel von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung [7], als eine gesunde Ernährungsweise empfohlen wird. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten auf Gemeinsamkeiten zwischen anorektischem und orthorektischem Essverhalten hin, weshalb die Orthorexie trotz der zwanghaft anmutenden Verhaltensweisen am ehesten als weitere Variante gestörten Essverhaltens diskutiert wird [8].

Abstract

Orthorektisches Ernährungsverhalten ist definiert als die möglicherweise pathologische Fixierung auf den ausschließlichen Verzehr von nach subjektiven Kriterien gesunden Lebensmitteln. Prävalenzschätzungen belaufen sich auf 1–7 % der deutschen Gesamtbevölkerung, wobei noch unklar ist, inwiefern die Betroffenen professionelle Hilfe suchen. Zur Einschätzung der Relevanz orthorektischen Ernährungsverhaltens in Ernährungsberatung und -therapie wurden 290 Ernährungsfachkräfte zu vorstellig gewordenen, betroffenen Personen, zu ihrer Einstellung und zur Häufigkeit des Auftretens der Orthorexie befragt. 70 % der Befragten gaben an, dass Personen mit einer Fixierung auf gesunde Ernährung bei ihnen vorstellig geworden seien. In knapp der Hälfte der Fälle stellte die Orthorexie das Hauptsymptom dar, oft trat sie in Kombination mit anderen Essstörungen und Zwangsstörungen auf. Zur Behandlung empfehlen die Ernährungsfachkräfte eine Kombination aus Psychotherapie und Ernährungsberatung.

Schlüsselwörter: Orthorexie, orthorektisches Ernährungsverhalten, Ernährungsfachkräfte, Befragung, Essstörung

Relevance of orthorexic eating behavior in nutrition counseling and nutrition therapy

Results of a nationwide survey among German nutritionists

Abstract

Orthorexic eating behavior is defined as a potentially pathological fixation on only eating food that is considered healthy according to subjective criteria. In the German population, approximately 1–7% are affected. However, it is still an open question whether these individuals make use of professional help. Aim of the present study was to evaluate the relevance of orthorexic eating behavior in the field of nutrition counseling and nutrition therapy. For this purpose, 290 German nutritionists were surveyed regarding the number and sociodemographic characteristics of affected individuals that made use of nutrition counseling. 70% of the participants reported that individuals with orthorexic eating behavior consulted them in the past 12 months. Half of them displayed orthorexic eating behavior as a main feature. In the remaining cases, orthorexia was reported to occur in combination with other eating disorders or obsessive-compulsive disorders. For the treatment of orthorexic eating behavior, participants recommended psychotherapy and nutrition counseling.

Keywords: Orthorexia, orthorexic eating behavior, nutritionists, survey, eating disorder

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Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 12/2019 von Seite M698 bis M703.